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Wilhelm Reich und die Kinder

Frühkindliche Forscherpersönlichkeit

Wilhelm Reich und die Kinder

Reich hatte zeit seines Lebens besondere Sympathie für und besonderes Interesse an Kindern. Kinder bedeuteten neues, unverdorbenes Leben. In den Kindern sah er die Hoffnung für die Zukunft schlechthin.

Die Psychotherapie hielt er für zu kompliziert und zu aufwendig, um die gesamte Menschheit aus der Falle der emotionalen Verkrüppelung befreien zu können. Wenn es gelang, die kommende Generation unbeschädigt groß zuziehen, war die Menschheit gerettet.

Er ergriff Partei für die sexuelle Freiheit der Kinder und Jugendlichen, in deren Unterdrückung er den Hauptmechanismus der kulturellen Weitergabe der sexual- und lustfeindlichen Charakterstruktur sah.

Er war der Meinung, daß das naturgemäße Sexualverhalten von Kindern in unserer Kultur nicht zu beobachten sei und daß dessen wissenschaftliche Erforschung notwendig sei.

Das psychoanalytische Konzept der kindlichen Sexualität, das die Genitalität als relativ spätes, aus „Partialtrieben“ zusammengesetztes Produkt betrachtete, hielt er, nachdem er sich von der Freudschen Schule gelöst hatte, für falsch. Reich nahm an, dass es eine primäre frühkindliche orale Phase gab, deren hauptsächliche Sexualäußerung der Stillvorgang war, wobei sich kindlicher Mund und mütterliche Brust gegenseitig erregten und es zum kindlichen oralen Orgasmus kam.

Nach dieser Phase erfolgte der Übergang zur genitalen Phase, wenn die kindliche Entwicklung nicht gestört wurde, z. B. durch eine frustrierende Sauberkeitserziehung, die dann anale Interessen explodieren ließ. Mädchen und Jungen begannen, sich für ihre eigenen Genitalien und für die ihrer gegengeschlechtlichen Spielgefährten zu interessieren, wenn sie von den Erwachsenen nicht gestört wurden. „Gestört“ meint hier nicht nur eine strafende Intervention.

Das negative Gefühl der Eltern, Angst, Entsetzen, Hass, wirkt vollkommen gleichwertig. Bereits im Krabbelalter gab es gegengeschlechtliche Liebesbeziehungen. Als Quelle der Erkenntnis wurden u. a. die Felduntersuchungen des Psychoanalytikers und Ethnologen Bronislaw Malinowski herangezogen, der das Geschlechtsleben der Trobriander, eines sexualbejahend lebenden Stammes auf einer Inselgruppe in Südwest-Melanesien, studierte und dokumentierte.

Die von der Psychoanalyse postulierte Latenzphase der Sexualentwicklung war nach Reichs Ansicht ein künstliches Produkt. Die kindliche Sexualphase ging natürlicherweise kontinuierlich in die Pubertät und schließlich in die erwachsene Sexualität über, wobei deren emotionale Bedeutung ständig anstieg und schließlich ab der Pubertät zum Geschlechtsakt führte. Reich forderte die aktive Unterstützung (nicht nur die Duldung) des Liebeslebens Jugendlicher durch Bereitstellung von Verhütungsmitteln und geeigneten Räumlichkeiten. Dies war zentrale Forderung von Reichs Sexualpolitik Ende der zwanziger Jahre.

Ausblick

Der Leser, bei dem eine gewisse Sympathie für Wilhelm Reich geweckt worden ist, wird sich die Frage stellen, warum Reich nicht berühmt ist, warum er nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wird, warum er nicht den Nobelpreis erhalten hat, u.s.w. Am Anfang seiner Karriere war Reich durchaus im Zentrum der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Seine wissenschaftliche Entwicklung hat ihn aber immer weiter von der Gesellschaft entfernt, ohne dass das seine Absicht gewesen wäre.

Er musste es durchaus mit Entsetzen konstatieren, aber er hat sich nicht von seinem Weg abbringen lassen, sondern er hat sich damit intellektuell auseinandergesetzt. Die Reaktion der Gesellschaft auf Reichs Erkenntnisse kann man vergleichen mit der Reaktion einer geologischen Formation auf eine zu Forschungszwecken herbeigeführte Sprengladung. Die zurücklaufenden Druckwellen offenbaren die innere Struktur der Formation, die dem bloßen Auge verborgen ist.

Es spricht sehr für die Vitalität von Reichs Werk, dass es der offiziellen Wissenschaft noch nicht gelungen ist, es in ihr Schubladensystem einzuordnen. Auf diese Weise wäre die emotionale Erregung und das Entwicklungspotenzial, die es beinhaltet, am Zuverlässigsten ausgeschaltet. Schüler würden bestraft werden und eine entsprechende Hassreaktion entwickeln, wenn sie nicht innerhalb von 5 Sekunden die sieben Segmente hersagen könnten, in die Reich den Menschen eingeteilt hat, wobei sie aber nicht wissen müssten oder wissen dürften, welche Emotionen im Beckensegment entstehen.

Der Gründer der Summerhill School und Freund Reichs A. S. Neill hat gesagt, daß die zwangsweise und verfrühte Konfrontation der Kinder mit den Erkenntnissen der Wissenschaft die Funktion hat, diese von einem wirklichen Verstehen und Anwenden abzuhalten.

  • Wie wird sich die Menschheit weiterentwickeln?
  • Können die Blutbäder und die Massenmorde des 20. Jahrhunderts in Zukunft verhindert werden, oder kommt es noch schlimmer?
  • Wer kann es wissen?

Die Erkenntnisse Wilhelm Reichs werden auf jeden Fall einen Beitrag in die positive Richtung leisten, auch wenn sie momentan kaum wahrgenommen werden. Sie vermehren sich und reifen derzeit im Verborgenen.

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